03. November 2024

Wenn Pilze Ideen wären ...

Ideen-Pilze gedeihen in der feuchten Umgebung unserer Emotionen, genährt von den Tränen, die wir vergießen.

Ich bewundere die unzähligen Pilzkreationen in allen Farbtönen. Jede Pilzgruppe ist für sich ein kleines Meisterwerk des Arrangements. Ich sehe viele kleine Wohnlandschaften. Es ist, als würden sie gemeinsam mit den bemoosten Baumstumpfen an einer architektonischen Ausschreibung teilnehmen.

Da öffnet sich mir ein anderes inneres Bild: Pilze als Inspiration in unseren Gedanken, als ob in der stillen Tiefe unserer Seele Ideen wie kleine Pilze sprießen würden. Zarte Triebe neuer Gedanken, die in der Dunkelheit geboren werden, dort, wo Gefühle und Gedanken über Dasein und Sinn diskutieren.

Die Ideen-Pilze gedeihen in feuchter Umgebung unserer Emotionen, genährt von vergossenen Tränen. Wie Perlen der Wahrheit rinnen sie aus unseren Augen, aus Freuden und Schmerzen gleichermaßen entlastend und wohltuend. Sie befeuchten unseren Seelenboden, dort, wo Samen sprießen und unser innerstes Ich verwurzelt ist.

Unter der Bewusstseinsoberfläche erstreckt sich ein verborgenes Netzwerk, wie jenes unsichtbare Myzelium im Wald. Aus Spuren unserer Erlebnisse und Erfahrungen gewebt und verflochten. Jede neue Begegnung und Information liefert einen weiteren Faden, der unser Inneres mit der Außenwelt verbindet. Dieses einzigartige Netzwerk, voller subtiler Verknüpfungen, trägt Erinnerungen und Lektionen, die uns lernen und wachsen lassen.

Der Pilz als Idee durchbricht Ohnmacht und Dunkelheit, öffnet neue Wege aus dem bisherigen Hamsterrad. Er erhebt sich völlig unerwartet; wann und wie, entzieht sich unserer Vorstellungskraft und kann nur gedüngt und genährt werden durch das Licht des Vertrauens!
Der Pilz ist ein Zeuge möglicher Lösungen, ein Wegweiser in eine höhere Dimension, ein manifestierter kleiner Schutzschirm oder Empfänger, wenn sich das Schirmchen nach oben wölbt, um Geheimnisse des Lebens zu empfangen.

Doch ist, wie bei echten Pilzen, Vorsicht geboten: Nicht immer ist eine Idee, die gut aussieht, schmackhaft und gesundheitsförderlich. Nicht immer sind Fruchtbare von den Schädlingen leicht zu unterscheiden. Einige können uns täuschen, verlocken mit kopiertem Duft oder Schönheit, die schnelle Lösung versprechend und unsere Ungeduld als Komplizen im Boot, ebenso unsere Wunschabteilung, die stets nach Harmonie und Frieden strebt.

Es bedarf Sorgfalt und achtsamer Wahrnehmung. Während wir noch rätseln, hat unser Instinkt längst durchschaut; macht keine Fehler. Doch auch er hat seine Achillesferse: Bescheidenheit. Er drängt sich niemals auf, ist nur ein leiser Ratgeber, kann nur allein entscheiden, wenn unser Hirn den Ausnahmezustand ausruft. So konzentriert er sich auf kleine Warnhinweise: ein Grummeln im Bauch, ein Stich ins Herz und manchmal ein schwerer Seufzer …

Der Wald zeigt uns auf, was alles möglich ist, wie viel Potenzial und Kreativität in jeder Lebensform steckt und dass neues Wachstum an den ungewöhnlichsten Orten, manchmal zu unerwarteter Zeit, entstehen kann. Eine Weiterführung der Netzstruktur, aus dem Unsichtbaren in die sichtbare Welt, zum Anfassen und Erleben. Es ist so weise und dabei leise. Schau genau hin und lausche!
 
© Manuela Engel-Dahan
MUT- und Lebensberaterin für Angstbewältigung und Klärung mit Lebenslust.
 
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