Ganz sanft und still
tastet sich das kleine
Blättchen vorwärts,
streichelt den starken Halm
des Schilfrohrs lieb und nett,
grinst sein kindliches Lächeln.
Das Schilfrohr stolz
und mit erhabenem Blick,
schaut übers Land,
neckt die Gleichgewachsenen,
lacht und freut sich,
streckt und reckt
sich genüsslich,
die Sonne im Blick,
lässt sich wiegen
in der angenehmen Brise
und stemmt sich hier und
da gegen unerwartete Böen.
Ach, die Gene haben
es gutgemeint,
nach den Mühen
so weit hinaufzuwachsen,
kommt jetzt der Genuss,
von oben hat man alles gut im Blick.
Das zarte Blättchen indessen
schleicht und kriecht
hinauf am starken Stengel.
Gesellschaft kann es
wohl nicht suchen,
hat es doch bereits
einen ganzen Verband
am Hintern hängen,
zieht jenen dreist
am grünen Band,
Blatt um Blatt schlüpfen frech
aus dem weichen Boden hinterher …
Immer, wenn es sich intensiver
festhält, dann lächelt es süß
und macht Faxen und tanzt
mit dem Schilfrohrstengel
fröhlich im Wind.
Und wird das Schilfrohr
misstrauisch,
weil es hier und da zwickt,
dann säuselt das Blättchen
ganz lieb:
„ich halt mich doch nur fest,
weil ich dich so lieb hab,
bitte beschütz mich,
ich bin doch so zart,
ich will doch bei dir sein
und nicht wegfliegen,
am Ende frierst du noch,
da halte ich dich warm,
schau mal,
ich habe auch noch
Brüder und Schwestern,
darf ich sie mitbringen,
du bist doch so
ein starkes, gutes Schilfrohr,
wir haben dich alle so lieb,
wir passen auf,
wir beschützen dich,
die Natur da draußen
ist so böse
und am Ende kommt noch
ein
echtes Wildschwein und
frisst dich auf
mit Haut und Haaren!“
Und das Schilfrohr wird müde,
hört die Warnrufe der anderen
schon nicht mehr …
Oje …
Und das Schilfrohr freut sich
und lässt sich festhalten und
indessen knüpft die einst
zarte Schlingpflanzenbande
einen zweiten festen Halt am Boden
und zieht nach unten,
dabei flüstert das Blättchen
dem Halm ins Ohr:
„Komm leg dich schlafen,
wir helfen dir,
wir legen dich sanft nieder,
wir passen auf dich auf,
wir haben dich doch so lieb,
ach, wir könnten dich
glatt auffressen …“
Solche Schlingel …
… und wenn sie nicht gestorben sind …
ups, da seh ich was,
Hey, du Schilfrohr,
wenn du nicht schlafen willst,
dann pass mal lieber auf,
welche Gewächse sich da tummeln …
© Manuela Engel-Dahan
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