13. Juni 2020

Würdevoller Tod

Nichts vergeht, alles bleibt, ändert nur die Form. Ohne Tod kein Neuanfang ...

Letztes Jahr hatte ich ihn entdeckt,
den stolzen, sterbenden Baum.
Noch immer steht er würdevoll,
doch der Tod schleicht
auf leisen Sohlen,
vollführt seinen letzten Tanz und
saugt als Cocktail hier und da
vom Lebenssaft heraus,
reizt, drückt und zieht,
ob der Ausdauer
mit sichtbarem Erfolg.
Die schwere Last
eines dicken Astes
konnte der Baum wohl
nicht mehr tragen,
hat den Kampf verloren und
diesen Teil seiner selbst
mitsamt einem großen Stück
aus dem schwachen Rumpf
an den Waldboden verloren
oder in Liebe übergeben,
wer weiß das schon,
die ruhige Stimmung lässt
jedenfalls keine negativen
Gefühle zu.
Im Gegenteil,
alles wirkt so stimmig.
Feierlich und verspielt
hat sich Rittersporn
um den Stamm versammelt,
bringt mit prächtigem Lila,
die Farbe von Würde und
Spiritualität ins Spiel.
Die romantischen Glöckchen
wirken beschwingt im Sterbeprozess,
wollen sie aufmuntern und trösten.
Es hat die Anmutung
als lebe der Baum seinen Tod
gemeinsam mit allem was
sich da tummelt im Wald.

Leben und Tod,
nicht zu trennen,
man kann das Paar
schön gestalten und
liebevoll, fröhlich,
wild, feierlich oder ganz still
einfach feiern,
eben so, wie es gerade passt
vielleicht ein niemals endender Tanz,
immer nur in neuem Gewand,
denn nichts verschwindet,
kein Sandkorn geht verloren
es ändert nur die Form,
die Energie bleibt
und die Vögel singen dazu.

© Manuela Engel-Dahan

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